Die Halbinsel Tröllaskagi im Norden von Island gilt noch immer als Geheimtipp. Sie einmal zu umrunden, bedeutet 270 Kilometer Abenteuer zwischen steilen Bergflanken, Ozean und dem Heringsmuseum in Siglufjörður.
Kleine Fischerdörfer wechseln sich mit verlassenen Bauernhöfen ab, schwarze Sandstrände säumen von Felsen umrahmte Buchten.
Wanderwege durchziehen das unbewohnte Landesinnere, plätschernde Bäche münden in tiefblaue Seen, Wollgras wiegt sich in schmalen Tälern die in der letzten Eiszeit entstanden. Meist liegt auch noch spät im Jahr Schnee auf dem 1.538 m hohen Zentralvulkan Kerling, der den Südosten der Halbinsel überragt.
Hauptstadt der Heringsfischerei
Siglufjörður ist die nördlichste Stadt auf Tröllaskagi, aber auch die nördlichste Stadt Islands. Ein seit Jahrhunderten von der Fischerei und der Fischindustrie geprägter Ort, der sich vom verschlafenen Haifischerdorf zu einem der größten Städte Islands und zur unbestrittenen Hauptstadt der Heringsfischerei im ganzen Atlantik entwickelte.
Zu Besuch im Heringsmuseum
Unser langjähriger Kunde Oliver Mummer war fasziniert von Siglufjörðurs Geschichte und reiste letzten Sommer in den Norden, um sich die historische Entwicklung der Stadt, in der die erfolgreiche TV-Krimi-Serie „Trapped – Gefangen in Island“ gedreht wurde, anzusehen. Vor Ort besuchte er auch das spannende Heringsmuseum und hat uns seine Eindrücke mitgebracht:
Von Fischen, Fischern und Heringsmädchen
Während meiner – inzwischen zur jährlichen Tradition gewordenen – Islandreise im Jahr 2023 besuchte ich den Norden von Island.
Eines meiner Ziele war die Stadt Siglufjörður auf der Halbinsel Tröllaskagi. Mein damaliges Quartier lag etwas südlich von Akureyri, mein Ziel sollte deshalb in etwa 1½ Stunden zu erreichen sein.
Da das Wetter anfangs trüb und nebelig war, kam ich zunächst ohne größere Fotozwischenstopps voran. Das erste echte Erlebnis war die Fahrt durch den einspurigen Tunnel Múlagöng kurz vor Ólafsfjörður. Auf der Rückfahrt konnte ich dann auch erleben, dass manche Touristen mit dem einfachen Prinzip der Haltebuchten in einer Richtung doch überfordert waren.
Beeindruckende Landschaften auf dem Weg nach Siglufjörður
Hinter dem Tunnel besserte sich das Wetter und ich konnte die ersten schönen Fotos der beeindruckenden Fjord- und Berglandschaft machen. Die restliche Strecke zwischen Ólafsfjörður und Siglufjörður verläuft größ- tenteils in zwei Tunneln (Héðinsfjarðargöng).
Das Highlight ist hier aber der kurze Abschnitt zwischen den Tunneln. Der Héðinsfjörður ist für mich einer der schönsten Plätze, die ich auf Island kennengelernt habe; ein Fjord, ein See, ein Bach, saftig grüne Wiesen, und das alles umrahmt von noch schneebedeckten Bergketten. Hier sollte jeder einen Stopp einlegen und entspannt die Ruhe und Einsamkeit genießen!
Hering: Segen und Fluch zugleich
Schließlich erreiche ich mein Ziel in Siglufjörður. Es ist die nördlichste Stadt Islands und liegt nur knapp 40 Kilometer südlich des Polarkreises. Der Ort zählt heute knapp 1.200 Einwohner.
Siglufjörður wuchs mit dem Heringsboom zu Beginn des 20. Jahrhunderts zum Zentrum des Heringsfangs in Island. Die Produkte aus Siglufjörður machten teilweise mehr als 20% der gesamten isländischen Exporte aus! Doch in den 50er und 60er Jahren des 20. Jahrhunderts blieb der Hering wegen Überfischung fern und führte die Stadt fast zum Niedergang.
Als Heringsmädchen in den Norden Islands
Zur Hauptsaison des Heringsfangs lebten und arbeiteten hier bis zu 15.000 Menschen; auf den über 400 hier registrierten Schiffen, in den Fischfabriken oder an den zahlreichen Einsalzstationen.
Aus ganz Island kamen junge Frauen, um sich in den Sommermonaten ein Zubrot zu verdienen – genannt wurden sie die Heringsmädchen. An langen Stationen nahmen sie im Akkord Fische aus und salzten sie ein.
Das Heringsmuseum Síldarminjasafn Íslands
Mit der Geschichte des Heringsfangs beschäftigt sich das hier ansässige Heringsmuseum Síldarminjasafn Íslands (The Herring Era Museum). Das 1994 eröffnete Museum wurde mit dem Europäischen Museumspreis ausgezeichnet. Es verteilt sich inzwischen über drei Gebäude.
Bátahúsið – Hafenstimmung schnuppern
Im ersten Gebäude, dem Bootshaus, geht es um den Heringsfang. Hier wurde ein kleiner Hafen nachgebaut und es dominieren Boote und Gerätschaften, die beim Fang verwendet wurden.
Das Haus wurde von 2003 bis 2004 erbaut und von Kronprinz Håkon von Norwegen eingeweiht. Die gezeigten Boote und Gerätschaften repräsentieren etwa den Zustand von 1938 bis 1954.
Grána – Öl und Fischmehl
Das zweite Gebäude des Heringsmuseums präsentiert eine Fischmehl- und Ölfabrik aus den 30er-Jahren des letzten Jahrhunderts mit zahlreichen Maschinen und Anlagen zur Verarbeitung des Fisches zu Öl und zu Fischmehl.
Róaldsbrakki – Verarbeitung und Exportschlager
Im dritten Gebäude des Heringsmuseums, der alten norwegischen Salzstation aus dem Jahr 1907, findet man Informationen über die Bedeutung des Heringsfangs für Island, über die Produkte und deren Export. Vor dem Gebäude steht eine der damals verwendeten Einsalzstationen. Im Erdgeschoss und im ersten Stock gibt es Ausstellungen über die Fischerei – und Verarbeitungsprozesse sowie den Export von Heringsprodukten.
Das Leben der Heringsmädchen
Im Obergeschoss des weitgehend in Originalzustand belassenen Gebäudes sind die originalgetreuen Wohnräume der Heringsmädchen zu besichtigen, die auch einen beeindruckenden Einblick in die Lebensweise der damaligen Zeit geben.
Ich kann den Besuch des Heringsmuseums sehr empfehlen. Man kann sich bei Interesse dort durchaus mehrere Stunden aufhalten. Der Eintrittspreis beträgt 2.400 ISK. Das Heringsmuseum ist zwischen Mai und September täglich geöffnet, in der Hauptsaison von Juni bis August von 10 bis 18 Uhr.
In Siglufjörður gibt es nicht nur das Heringsmuseum
Neben dem Heringsmuseum hat Siglufjörður aber noch mehr zu bieten. Rund um den Hafen laden Bars, Cafés und Restaurants zum Verweilen ein. Auch eine der islandtypischen kleinen Kirchen, die Siglufjardarkirkja, fin- det man hier. Und das Þjóðlagasetur (Folk Music Centre) veranstaltet alljährlich im Sommer das Folk Music Festival. Auch einem Campingplatz (Siglufjörður tjaldsvæði) gibt es, und zwar mitten im Ort.
Oliver Mummers Reiseberichte und vieles mehr über Islanddieses fantastische Land findet ihr unter www.islandzauber.de.
Ihr habt Lust auf Tröllaskagi bekommen? Unsere Gruppenreise „Island für Naturfreunde“ führt auch auf die Halbinsel und bis nach Siglufjörður. Wenn ihr an einer individuellen Reise interessiert seid, dann ist vielleicht „Entspannung Pur – Ferienhausurlaub Süd & Nord“ genau das Richtige für Euch!
Fotos: Oliver Mummer (12), Thomas Linkel (3), unsplash: Freysteinn G Jonsson (2), flickr: Maxim Panteleyev