Steile Klippen, einsame Buchten und Blumenteppiche – eine geführte Wanderung in den Westfjorden von Island bietet beeindruckende Naturerlebnisse
Die Knopfaugen blicken mich neugierig an, die weiß umrandeten Ohren sind steil aufgerichtet. Der Polarfuchs sitzt nicht mehr als zehn Meter von mir entfernt und beobachtet genau, wie ich mein mit Käse, Gurken und Tomaten dick belegtes Brot auspacke. Gemütlich an meinen Rucksack gelehnt, sitze ich im Windschatten eines mit saftig grünem Moos bewachsenen Felsen und genieße die Aussicht.
Wandertour in den Westfjorden Islands
Vor mir erstreckt sich der Veiđileysufjörđur, von dem aus wir in wenigen Stunden mit dem Boot zurück nach Ísafjörđur fahren werden. Am Morgen hatten wir gepackt und uns von unserem Zeltplatz aufgemacht, der Wind war frisch und trieb Wolken über den Himmel. Einige Zeit später stapften wir durch immer tiefer werdenden Schnee einen Pass hinauf, der Sommer war plötzlich weder zu sehen noch zu spüren, und dann zog auch noch Nebel heran, der die Landschaft um uns herum verschluckte.
Als wir schließlich den Pass überwunden hatten, verschwand auch der Schnee, und vor uns erstreckte sich eine leicht abfallende, schottergraue Fläche, die in sanftere Wellen Grün überging und irgendwann auf das Blau des Nordatlantik traf.
Naturschutzgebiet Hornstandir
Die letzten Siedler verließen dieses landschaftlich eindrucksvolle Gebiet in den 50er-Jahren des letzten Jahrhunderts. Seit 1975 ist die Region Naturschutzgebiet, seitdem besteht, abgesehen von den Stellen alter Besiedlung, absolutes Bauverbot. Nachdem Hornstrandir viele Jahre sich selbst überlassen war, wurden in der vergangenen Dekade einige leer stehende Bauernhöfe zu Ferienhäusern umgewandelt. Und außer am Zeltplatz, wo wir uns mit anderen Reisenden austauschen, begegnen wir auf unserer Wanderung über Stock und Stein keinem Menschen, dafür umso mehr Vögeln und Polarfüchsen.
Von unserem Basislager aus erkunden wir jeden Tag die Umgebung. Morgens stärken wir uns mit einem herzhaften Frühstück, füllen Tee in Thermoskannen, schmieren Brote, packen Müsliriegel und Früchte ein, dann schultern wir unsere Tagesrucksäcke und verschwinden mit unserem Guide in der atemberaubenden Landschaft. Im Gänsemarsch steigen wir über schmale Wege, helfen uns gegenseitig über rauschende Bäche und sehen unsere Wanderstiefel in tiefem Moos versinken. Wir staunen über die weichen Püschel Wollgras und die für diese nördliche Breite unfassbar zahlreichen farbig leuchtenden Blumen. Manchmal scheint es, als ob die Natur in Hornstrandir, dem nordwestlichsten Teil Islands, uns zu Ehren einen bunten Tupfenteppich ausgerollt hätte.
Und die Landschaft ist abwechslungsreich: Wir spazieren über schroffe Hochebenen, rasten an idyllischen Buchten und stehen mit offenem Mund vor der Schönheit der über 500 Meter hohen Hornbjarg-Klippen, die senkrecht, wie mit dem Messer abgeschnitten, ins Meer stürzen. Abends kehren wir müde, aber glücklich in unser Lager zurück, kochen im gemütlichen Gemeinschaftszelt, hören von fantastischen Sagas, lachen viel und tauschen die Erlebnisse des Tages aus.
Zwei Tage später stehe ich an der Reling des kleinen Motorbootes, das uns zurück in die Zivilisation bringt. Über uns kreisen Möwen, Wellen schlagen an den Rumpf. Die Küste Hornstrandirs verschwindet in aufkommendem Seenebel, nur ab und an blitzt noch ein Stück Grün oder das Grau einer Klippe herüber. Und da weiß ich, dass ich nächstes Jahr wiederkehren werde.
Diese Reise kann bei Katla Travel gebucht werden.
Alle Bilder: Aldís Birna Björnsdóttir