Ein selbst gestrickter Island Pullover war schon immer mein Traum! Daher habe ich mir bei keiner meiner zahlreichen Islandreisen einen fertiggestrickten gekauft. Echte Islandfans tragen ja nur Wollpullover aus eigener Herstellung. Am liebsten vom eigenen Schaf, aber das geht nun wirklich zu weit.
An einem verregneten, stürmischen Tag im letzten Sommer komme ich meinem Strickpullover einige Maschen näher. Im Visitor Center von Kirkjubæjarklaustur buche ich „Kiddas´s Knitting Workshop“ und schon mache ich mich auf den Weg zu ihr nach Þykkvabæjarklaustur.
Kidda hält Schafe, führt auf ihrem Hof das kleine Gästehaus „Nonna & Brynjuhús“ und bietet bisher nur für ihre Gäste selbstgestrickte Wollsachen zum Kauf an. Wie sich bei unserer Begrüßung herausstellt, ist das ihr erster Strickkurs überhaupt – ich bin also ihre Testperson. Kidda findet das klasse!
Stricken für Anfänger
Wir machen es uns im alten Stall des Hofes gemütlich, in dem auch ihre kleine Wollwerkstatt und die Autowerkstatt ihres Mannes eingerichtet sind, der gerade an einem alten Traktor nebenan schraubt.
Können wir gleich mit dem Pullover stricken beginnen?, frage ich Kidda und ernte ziemlich verwunderte Blicke: Ein ganzer Pulli dauert ja mehrere Wochen!
Zunächst bin ich enttäuscht, aber Kidda blättert in ihren ausgeblichenen Strickzeitschriften, lenkt mich charmant auf die Seiten mit den Strickmuster für Stirnbänder und zwinkert mir ermutigend zu. In einer Stunde schaffen wir es den Anfang von einem Stirnband zu stricken, sagt sie, aber davor müssten wir als Erstes Kaffee kochen und das Radio auf den örtlichen Sender stellen. Bald mischen sich Ölgeruch mit Kaffeeduft und Nadelklappern mit Radiogedudel.


Zunächst suchen wir gemeinsam die Muster aus und fertigen mehrere kleinere Wollknäuel aus dem großen Haufen Schafwolle. Ich bekomme Stricknadeln in die Hand und holpere durch die ersten Reihen. Bald aber habe ich die Technik heraus und Masche legt sich immer schneller an Masche. Nur am Anfang und Ende einer Reihe werde ich etwas langsamer.
Wir unterhalten uns und Kidda erzählt von ihren Schafen und der Wolle. Relativ weich fühlt sie sich an, gar nicht so kratzig, wie ich das kenne. Und sie erklärt mir, dass sie eine besondere Schafrasse züchte, deren Wolle besonders sanft sei. Außerdem nutze sie die Wolle der Lämmer oder die weiche Unterwolle der Mutterschafe, die sie zusätzlich auch mit Merinowolle mische.
Und so verfliegt die Zeit mit Kidda. Ab und zu huscht eine Katze in die Werkstatt, dann fegt der Sturm kühle Luft herein. Also drehen wir einfach die Heizung hoch und trinken noch einen heißen Kaffee. Kiddas Nadeln fliegen, und gleichzeitig korrigiert sie immer wieder meine steife Fingerhaltung und legt mir die Wolle zurecht.
“Digital Detox” in Island
Sie ist neugierig und fragt mich, was ich davon halte, “Urlaub mit Internetfasten” anzubieten. Die Internetverbindung auf dem Hof sei sehr schlecht und daraus könne man vielleicht ein Angebot für Feriengäste machen. Sie erzählt von den jungen Volontären, die auf ihrem Hof helfen, um authentisches isländisches Bauernhofleben kennen zu lernen. Sie erzählt von Winterstürmen und lauen Mittsommernächten und dann ist der Workshop auch schon vorbei und ich habe einen guten Anfang für mein Stirnband geschafft.

Den Rest der Wolle gibt mir Kidda mit auf den Weg und bittet mich, ihr ein Bild von meinem fertigen Werk zu schicken. Immerhin war ich ja ihr erster Workshopgast!
Verzaubert trete ich aus der Werkstatt und begreife die Magie gemeinsamer Handarbeit: Es schafft Wohlwollen und eine unglaublich warme Atmosphäre. Allein dafür lohnt es sich bereits das Stricken zu lernen!
Als ich wieder in München bin und weiterstricken will, stelle ich fest, dass ich doch einiges vergessen habe und bitte meine liebe Kollegin Auður um Hilfe, aber, Kidda, – ich bleibe aber dran – versprochen!

Wo kommt die Wolle her? Was sind eigentlich Tátiljur?
Für Füße und Seele – Isländische Wolle
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