Isländisch ist faszinierend: Die Sprache hat sich seit Jahrhunderten kaum verändert, sodass IsländerInnen selbst Texte aus dem Mittelalter gut verstehen können. Sie verfügt in manchen Bereichen über einen unglaublichen Wortreichtum und hat allein für „Wind“ über 100 Bezeichnungen! Weil bald wieder „Tag der isländischen Sprache“ ist (alljährlich am 16. November), schauen wir uns das Isländische einmal genauer an – kleiner Sprachkurs inklusive.
Kaum verändert seit dem Mittelalter
Isländisch stammt aus dem Altisländischen, das etwa vom Ende der Wikingerzeit (ca. 1050) bis zum 15./16. Jahrhundert die Sprache der auf Island lebenden Menschen war. Altisländisch wiederum ist eine Tochtersprache des Altwestnordischen und ist ausgestorben, aber ähnelt in vielem dem heute gesprochenen Isländisch, das auch die Amtssprache in Island ist. Die Isländerinnen und Isländer könnten daher theoretisch die alten Wikinger-Sagas im Originaltext, also in der altnordischen Sprache, lesen. Denn seit der Besiedelung durch die Wikinger im 9. Jahrhundert hat sich Isländisch zwar in punkto Sprachlaut geändert, hat aber im Großen und Ganzen sein Schriftbild erhalten.
Isländisch sprechen: Eine seltene Gabe
Knapp 370.000 Menschen sprechen Isländisch als Muttersprache, das entspricht etwa 0,0046 Prozent der Weltbevölkerung. Dazu kommen noch diejenigen, die die Sprache im Laufe ihres Lebens gelernt haben, aber das ändert nichts an der Tatsache, dass Isländisch etwas ist, das nur sehr, sehr wenige können. Aber ist es schwierig, es zu lernen? Wie kompliziert sind Aussprache und Grammatik? Nähern wir uns erst einmal einer der Grundlagen, dem ABC:
Das isländische Alphabet: Von A bis Ö
Das isländische Alphabet besteht offiziell aus 32 Buchstaben und basiert wie das Deutsche, das Englische oder andere westgermanische Sprachen auf dem lateinischen Alphabet. Es fehlen die Buchstaben C, Q, W und Z, dafür gibt es einige mit Accents ausgestattete, neu hinzugekommene Buchstaben, die alle extra zählen: Á, É, Í, Ú, Ý. Und dann gibt es noch die typischen Buchstaben Ð, Þ, Æ und Ö. Eth (Ð) und Thorn (Þ) sind Überbleibsel vom mittelalterlichen Altisländisch/Altnorwegisch und werden wie das englische Ti-Äitsch ausgesprochen.
Das Z wurde im Isländischen übrigens erst 1974 abgeschafft und kommt heute nur noch in alten Namen vor – und in der konservativen Zeitung „Morgunblaðið“, die das mit einem Festhalten an Traditionen begründet, aber das ist ein ganz anderes Thema.
Á wie Au und Au wie Öi
Als das isländische Café Blá in meiner Straße in München eröffnete, nannte ich es eine Weile aus Unwissenheit „Café BLA“ – denn es war ja nun mal ein Ort, an dem man sich traf, um zu quatschen und sozusagen Bla-bla zu machen. Es wird aber nun mal „Blau“ ausgesprochen und heißt übersetzt auch genau so: Café Blau – was auch sehr gut passt, wenn man die Außenfassade betrachtet.
Das WLAN-Passwort im Café Blá war übrigens lange „Eyjafjallajökull” – der Name des 2010 ausgebrochenen Vulkans, dessen Aussprache NachrichtensprecherInnen rund um den Globus zum Schwitzen gebracht hat. Dabei ist ja gar nicht sooo schwer: eijä-fjätlä-jö-kytl oder [ɛɪjäˌfjätläˌjœːkʏtl] – oder hier vom Profi ausgesprochen.
Gerade die Aussprache der isländischen Vokale ist für Neulinge erst einmal schwer, weil die Unterschiede teilweise nicht sehr deutlich sind. Hier ein paar grundlegende Beispiele für Aussprache:
So spricht man Isländisch
Buchstabe | Aussprache | Beispielwort |
Á, á | au, wie in “Maus” | já (= Ja) |
Æ, æ | ei, wie in “Eishölle” | fjær (= weiter), Snæfellsnes |
Au, au | öi, etwa wie in “Feuilleton” | Laugarvatn |
Ð, ð | weiches th, wie im englischen “the” | verðlaun (= Preis), fjörður (= Fjord) |
fl | wie pl | Keflavík |
fn | wie pn | Safn (=Museum), Höfn |
Hv, hv | wie kw, wie in Quelle | hvað (= was) |
Í, í | langes i | íslenska (= Isländisch) |
ll | wie dl | jökull (= Gletscher) |
Ó, ó | langes o, etwa wie in “Boot” | óska (= Wunsch) |
R, r | wie im Spanischen gerollt | rigning (= Regen) |
rn | wie dn | barn (= Kind) |
rl | wie dl | karl (= Mann) |
U, u | wie ü | sumer (= Sommer) |
Ú, ú | wie u | rúna (= Rune) |
V, v | wie w | Vatn (=Wasser), Vatnajökull |
Þ, þ | hartes th, wie im englischen “thing” | Það (= das), Þingvellir |
Die Grammatik: Ein kleiner Einblick
Als „hochkomplex“ bezeichnet Anika Wolff, die als Übersetzerin schon viele Bücher aus dem Isländischen ins Deutsche übersetzt hat, die isländische Sprache. Der Grund: Das Isländische habe sich „seit vielen hundert Jahren nicht mehr wirklich verändert“ und sei „im Gegensatz zu anderen skandinavischen Sprachen auch nicht vereinfacht“ worden.
Hier ein kleiner Einblick in einige der Grammatik-Regeln:
- Was die Satzstellung angeht, klingt es noch ganz unspektakulär: „Subjekt – Prädikat – Objekt“ lautet hier die Reihenfolge, wie auch in einfachen deutschen Sätzen.
- Ungewohnter ist dagegen schon die Groß- und Kleinschreibung im Isländischen: Nur der erste Buchstabe eines Satzes wird groß geschrieben, anschließend werden auch Substantive klein geschrieben. Ausnahmen sind allerdings u.a. Personen-, Orts- und Eigennamen.
- Substantive haben, wie in vielen anderen Sprachen auch, ein Geschlecht, können maskulin, feminin oder neutral sein. Meistens lässt sich an der Wortendung das Geschlecht erkennen. Die Endungen -ur, -i, -ll oder –nn weisen in der Regel auf ein Maskulinum hin, die Endungen -a, -ing und -un auf ein Femininum und eine fehlende Endung oder ein Vokal mit Akzent auf ein Neutrum hin – aber eben nur meistens. Um sicher zu gehen, ist Büffeln angesagt!
- Büffeln – das gilt auch für die Deklination von Substantiven und Verben: Substantive müssen nach Fällen dekliniert werden – das ist also wie im Deutschen. Auch die isländischen Adjektive werden dekliniert und dabei dem Substantiv, auf das sie sich beziehen, angepasst.
Typisch Isländisch: 100 Wörter für „Wind“
Wie eingangs schon erwähnt: In gewissen Bereichen hat die isländische Sprache einen unglaublichen Wortreichtum. Besonders ausgeprägt ist er rund um das Thema Wetter – kaum verwunderlich angesichts der geografischen Lage der Insel, den damit verbundenen Wetterumschwüngen und Niederschlägen: So gibt es etwas 100 Wörter für „Wind“ und fast 200 für Schnee. Hier nur jeweils 5 Beispiele:
Schnee
- “Snjór”: Allgemeines Wort für Schnee
- “Hundslappadrífa”: Feiner, trockener Schnee, der wie Mehl herabfällt
- “Nýlísa”: Frischer, unberührter Schnee
- “Slappadrífa”: Schnee, der bereits leicht getreten oder gestampft wurde
- “Þeytandi”: Schnee, der in der Luft schmilzt und zu Regen wird
Wind
- „Andvari”: Kalter Wind, der im Winter von Gletschern kommt
- „Hvassinn”: Scharfer und kalter Wind
- „Skafrenningur”: Starker Wind, der Schnee mit sich trägt
- „Svipur”: Windstoß oder eine Böe
- „Hriða”: Leichter Regen, der vom Wind getragen wird
Statt „Fernseher“ lieber „Bildrausschicker“
Trotz der Globalisierung und einer Flut neuer Begriffe aus der Welt der Technik und Informatik: Das Isländische enthält im Vergleich zu vielen anderen Sprachen sehr wenige Fremdwörter, Anglizismen und neue Begriffen. Für viele moderne Gegenstände wurden in Island Begriffe aus dem eigenen Wortschatz entwickelt – die mitunter sehr humorvoll sind: So schauen die Isländer kein TV, sondern benutzen den sjónvarp, den „Bildrausschicker“. Zum Satelliten sagen sie gervitungl, was wörtlich übersetzt „künstlicher Mond“ heißt, der Kompass ist der áttaviti, der „Richtungszeiger“, der Panzer der skriðdreki, der „kriechende Drache“, und das Telefon heißt „Sími“ („Draht“ oder „Faden“).
Kleiner Grundwortschatz für Ihren nächsten Island-Urlaub
Klar ist: In Island ist es kein Problem, sich auf Englisch durchzuschlagen – sehr viele Isländerinnen und Isländer sprechen dazu noch gut Deutsch. Hin und wieder bei einer Reise nach Island jedoch das Gespräch auf Isländisch zu beginnen macht Spaß – und freut die Einheimischen!
Hallo – Halló
Tschüss – Bless
Ja – Já (Jau)
Nein – Nei (Näi)
Bitte – Gjörðu svo vel (gvörthö svo vel)
Danke – Takk
Hallo, wie gehts – Halló, hvað segir þú (Hallo, kwath sei-ir thu)
Mein Name ist – Ég heiti (jeg heiti)
Wie heißt du? – Hvað heitir þú? (Kvath heitir thu)Schönen Tag noch – Eigðu góðan dag (Äigthö gothan dag)
Sprichst du englisch? – Talar þú ensku? (Talar thu enskö)
Wo ist die Touristinformation? – Hvar er upplýsingamiðstöðin fyrir ferðamenn? (Kvar er upplisingamithstöthin firir ferthamenn)
Fazit
Die isländische Sprache hat sich seit vielen Jahrhunderten kaum verändert und ist nicht einfach zu erlernen, weil die Grammatik komplex und die Aussprache vieler Buchstaben für uns Deutsche ungewohnt ist. Dennoch lohnt es sich, zumindest Grundbegriffe dieser faszinierenden Sprache zu kennen und sie beim nächsten Island-Urlaub oder der nächsten Städtereise nach Island anzuwenden.
Fotos: Heidi Keller (10); Coverfoto „Snjóblinda”: Bjartur & Veröld
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